Freud und Leid im Nordatlantik

Die Weltumsegler trennen im Nordatlantik nur wenige Hundert Meilen – und doch Welten. Während die „Spindrift 2“ noch ganz am Anfang ihres Weltrekordversuchs steht und mit Hochgeschwindigkeit gen Süden rauscht, kämpft sich die Spitze des Golden Globe Race die finalen Meilen nach Norden.

Die ersten 20 Stunden auf See liefen ganz nach Plan für die Crew des Riesen-Trimarans „Spindrift 2“ um den Skipper Yann Guichard. Seit dem Überqueren der Startlinie vor der französischen Insel Ushant rauscht das 40-Meter-Gechoss mit raumen Winden nach Südwesten und hat bereits die Biskaya hinter sich gelassen. Rund 1000 Kilometer (über 600 Meilen) hatte der gold-schwarze Tri nach weniger als 20 Stunden im Kielwasser, und die Windprognose deutet darauf hin, dass es bis Madeira, den Kanaren und Kapverden flott weiter gehen dürfte.

Ungemütlich, aber schnell verliefen die ersten Stunden für die “Spindrift 2” bei ihrem Griff nach der Jules Verne Trophy. Foto: Chris Schmidt/Spindrift Racing

31 Knoten sind die aktuelle Durchschnittsgeschwindigkeit der „Spindrift 2“. Der erhoffte Vorsprung vor der Referenzzeit der „IDEC Sport“ für die Jules Verne Trophy beträgt bereits fast 140 Meilen. 2017 ist Francis Joyon als bisher schnellster Segler mit Crew in weniger als 41 Tagen um die Welt gesegelt. Diesen Rekord wollen Guichard und seine elf Mann an Bord nun knacken, um die Jules Verne Trophy zu gewinnen.

Von diesen Geschwindigkeiten sind die Teilnehmer des Golden Globe Race weit entfernt. 50 Jahre nach dem Ursprungsrennen sind sie am 1. Juli vergangenes Jahr gestartet – unter den gleichen Voraussetzungen wie die ehemaligen Teilnehmer vor einem halben Jahrhundert. Das betrifft nicht nur das Equipment mit etwas schwerfälligen Monohulls, sondern auch die Hilfestellung von außen. Ein Wetterrouting wie bei der „Spindrift 2“ ist nicht möglich.

Entsprechend hoch war die Ausfallquote innerhalb des vergangenen halben Jahres. Von den 18 gestarteten Solo-Skippern sind nur noch fünf auf Kurs. Nach 200 Tagen nähert sich die Spitze nun dem Start- und Zielort Les Sables d’Olonne. Westlich der Kanaren haben der Führende Jean-Luc van den Heede (Frankreich) und sein Verfolger Mark Slats (Niederlande) nun noch 1500 Seemeilen vor sich. Während die verbliebenen Konkurrenten noch im Südatlantik bzw. Pazifik segeln, spitzt sich das Duell an der Spitze auf einen engen Zielentscheid zu.

Mark Slats hat gut lachen. Er verkürzt den Abstand zum Führenden Jean-Luc van den Heede beständig. Foto Christophe Favreau/GGR

Nachdem Jean-Luc van den Heede seit der Passage des Kaps der Guten Hoffnung in Führung lag und zwischenzeitlich einen Vorsprung von rund 2000 Seemeilen hatte, knabberte Mark Slats mit der Passage des Kap Hoorns von dieser Führung täglich ein Stückchen ab. Aktuell sind es noch 16 Seemeilen, die die beiden trennen. Und die Prognose für die Zielankunft geht davon aus, dass beide Kontrahenten am 30. Januar innerhalb weniger Stunden Les Sables d’Olonne erreichen werden. Noch sieht die Berechnung Jean-Luc van den Heede vorn. Doch der Franzose hat nach Schäden am Riff nur noch eine reduzierte Segelfläche, sein Verfolger kann den Druck weiter erhöhen. Und die Windbedingungen versprechen viele Optionen für Gewinne und Verluste. Denn der Wind, der die „Spindrift 2“ gen Süden beschleunigt, weht den Golden-Globe-Race-Seglern direkt auf den Bug ihrer 36 Fuß langen Rustler-Yachten.

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