Carolijn Brouwer greift im AC an
Die Niederländer machen Ernst im America’s Cup: Nachdem die späte Meldung des Team Dutch Sail für den 36. Cup bestätigt wurde, hat Skipper Simeon Tienpont begonnen, seine Mannschaft zusammenzustellen. Ein wichtiger Baustein: Weltseglerin Carolijn Brouwer, deren Verpflichtung nun bekanntgegeben wurde.
Simeon Tienpont ist eine durchaus umstrittene Persönlichkeit im Segelsport. Zweimal gehörte er mit dem Team Oracle USA zu den Siegern im America’s Cup, dreimal segelte er im Rahmen des Volvo Ocean Race um die Welt. Aber er sollte 2012 auch in den Skandal um den Bleiballast seines Teams verwickelt gewesen sein, wurde aber freigesprochen. Und beim vergangenen VOR gab es heftigen Disput mit seinem Team AkzoNobel. Wegen angeblichen Vertragsbruch wurde er als Skipper kurzzeitig abgesetzt, klagte sich später wieder ein und segelte das Rennen zu Ende. Fest steht, dass der Niederländer Talent hat, große Kampagnen auf die Beine zu stellen. Das hat er mit der VOR-Kampagne bewiesen, und jetzt hat er ein AC-Team gemeldet.
In Den Haag präsentierte Tienpont im symbolisch eröffneten Head Quarter nun einige Schlüsselpositionen für das Team. Dirk Kramers, beteiligt an elf AC-Kampagnen, soll die Rolle des verantwortlichen Designers übernehmen. Peter van Niekerk, Olympiateilnehmer im Soling und Star (2000 und 2004), wird den Posten als Teammanager übernehmen. Der 47-Jährige verfügt über beste AC-Erfahrung, hat mit Alinghi zweimal den Cup gewonnen.
Für höchste Aufmerksamkeit dürfte aber die Verpflichtung von Carolijn Brouwer sorgen. Die gebürtige Niederländerin mit belgischem Pass verfügt über höchste Kompetenz in allen Segelbereichen. Als Laser-Seglerin nahm sie zweimal an Olympia teil (2000 und 2004). Gemeinsam mit Sebastien Godefroid (Belgien) segelte sie 2008 im Tornado bei Olympia, nahm dafür die belgische Staatsbürgerschaft an. Mehrfach hat sie das Volvo Ocean Race gesegelt und landete bei der vergangenen Auflage mit dem DongFeng Race Team den großen Coup, als sie das Team mit einer navigatorischen Meisterleistung zum Gesamtsieg im Herzschlagfinale von Den Haag führte. Dieser Erfolg brachte ihr zum zweiten Mal nach 1998 den Titel als Weltseglerin des Jahres ein.
Nun steht Brouwer vor der Krönung ihrer Segelkarriere. Tienpont hat sie verpflichtet, das Ruder des holländischen Teams beim 36. America’s Cup zu übernehmen.
Jetzt gilt es für die Niederländer, neben der Zusammenstellung des Teams, was in der Hand von Niekerk und Brouwer liegt, auch die Entwicklung des AC75 voranzutreiben. Dafür hat das Team die Unterstützung der niederländischen See- und Luftfahrtindustrie. In den Niederlanden entwickelt sich die Segelszene mit den großen Kampagnen (beim Volvo Ocean Race 2017/18 nahmen gleich zwei NED-Teams teil) zu einer nationalen Angelegenheit. Und Den Haag ist ein Hotspot für internationale Top-Ereignisse. 2018 endete hier das VOR, wenig später gingen die ORC- und IRC-Yachten zu ihrer ersten gemeinsamen Weltmeisterschaft an den Start. 2022 sollen in der niederländischen Nordsee die Hempel Sailing World Championships ausgetragen werden.
Und die Niederländer wollen noch mehr. Die Austragung eines Events der America’s Cup World Series in Vorbereitung auf den Cup sollen sie zur Bedingung für ihre Cup-Meldung gemacht haben. Möglich wäre ein Rennen erst in 2020, für dieses Jahr ist wegen des engen Zeitplans und den Bauphasen für die ersten Cup-Boote kein Termin mehr zu finden. Das potenzielle Rennen auf der Nordsee könnte auch deutsche Fans anlocken – wie zuletzt 2006 in Malmö, als die damaligen Cupper an der schwedischen Südküste segelten – mit der bisher einzigen deutschen AC-Kampagne.