Rückblick März: Überraschende deutsche Erfolge
Die größte Überraschung im Pandemie-März 2021 ist wohl, dass überhaupt Regatten gesegelt wurden. Tatsächlich war dieser frühe Jahresmonat aber so hochklassig wie selten – und das nicht nur wegen des America’s Cup. Den 470ern gelang es endlich, ihre noch ausstehende WM zu segeln, und auf den Kanaren gab es mit der Lanzarote International Regatta ein stark besetztes Event für 49er und Nacra17. Bei allen drei Ereignissen konnten sich auch deutsche Segler in Szene setzen.
America’s Cup
Mit dem 7:3-Sieg des Emirates Team New Zealand haben – für viele erwartungsgemäß – die Titelverteidiger das Rennen gemacht. Doch der Unterschied der Neuseeländer zu den italienischen Herausforderern von Luna Rossa Prada Pirelli war enger als gedacht. Martin Fischer, der deutsche Designer im italienischen Team, brachte es auf den Punkt: „Die Neuseeländer haben verdient gewonnen. Sie waren schneller, aber sie waren nicht so viel schneller, um uns zu überholen, wenn wir in Führung lagen.“ Der Wettstreit um die bodenlose Kanne hätte auch anders ausgehen können. Gerade in den Rennen acht und neun spielte Fortuna den Kiwis in die Karten. Zunächst machte der löchrige Wind auf der Bahn einen klaren italienischen Vorteil zunichte, als sie an der Luvtonne von den Foils fielen. Aus ihrem eigenen Rückstand von rund vier Minuten machten die foilenden Neuseeländer einen Vorsprung von vier Minuten. Und im neunten Rennen schlug sich ein Dreher auf die Seiten der Kiwis. „Wir hatten alles im Griff, haben die linke Seite verteidigt. Aber genau als wir auf der Layline gewendet haben, drehte der Wind um 15 Grad nach rechts“, so Fischer. Damit war das Team um Peter Burling durch und ließ sich diesen Sieg und später auch den Cup-Gewinn nicht mehr nehmen. Aber es hätte nach zehn Rennen auch 5:5 heißen können.
Für Martin Fischer war das Erlebnis America’s Cup vor allem ein Ereignis vor dem Bildschirm. Er war bei Luna Rossa Prada Pirelli für die Regeln verantwortlich und beobachtete via Kameraübertragung während der Rennen, ob bei den Neuseeländern alles regelkonform lief.
470er-WM
Nach einem Jahr ohne Großereignis war die WM vor Vilamoura/Portugal für die 470er endlich wieder eine internationale Regatta auf Höchstniveau. Und für die Deutschen war sie doppelt von Bedeutung. Die Männer wollten hier noch das Nationenticket für die Olympischen Spiele lösen, für die Damen wurde die WM zur einzigen verbliebenen internen Ausscheidung für Tokio. Während es im leichten Wind vor der Algarve für die deutschen Männer-Teams Simon Diesch/Philipp Autenrieth und Malte Winkel/Matti Cipra überhaupt nicht lief und sie das Medal Race klar und das Nationenticket noch viel deutlicher verpassten, wurden die Karten bei den Frauen während der elf Rennen fröhlich durchgemischt. Nach verhaltendem Beginn konnten sich zunächst Nadine Böhm/Ann-Christin Goliaß in Szene setzen und schienen auf gutem Kurs, dann punkteten Luise Wanser/Anastasiya Winkel mit Topergebnissen und schoben sich in die deutsche Top-Position – zwischenzeitlich sogar mit Chancen auf eine Medaille. Beide Teams gehörten nicht zum DSV-Kader. Böhm/Goliaß, die seit Jahren zusammen agieren, hatten sich zur Saison 2020 entschieden, ihren eigenen Weg ohne Unterstützung des Verbandes zu gehen. Wanser/Winkel hatten erst im Frühjahr 2020 zusammengefunden, nachdem Luise ihre gemeinsame Karriere mit Schwester Helena beendet hatte und Anastasiya als Vorschoterin bei Fabienne Oster ausgestiegen war.
Während Böhm/Goliaß im weiteren WM-Verlauf immer weiter zurückfielen, hielten sich Wanser/Winkel in guter Position. Doch plötzlich brachte sich auch noch die jüngste deutsche Mannschaft in Szene. Rechtzeitig vor dem Medal Race setzten Theres Dahnke/Birte Winkel die Glanzpunkte und schafften vor dem Finale noch den Cut. Damit kam es in der entscheidenden Wettfahrt zum Match Race um das Olympia-Ticket zwischen Dahnke/Winkel und Wanser/Winkel. Nur ein Punkt trennte die beiden Teams, bei denen jeweils die Schwägerinnen (Birte Winkel ist die Schwester von Malte Winkel, Anastasiya seine Ehefrau) an der Vorschot sitzen. Klar war, wer den Bug vorn haben würde, hatte die Tokio-Qualifikation geschafft. Am Ende des Zehner-Feldes war es jederzeit eng zwischen den beiden deutschen Mannschaften, Bug an Heck gingen sie ins Ziel – mit dem Vorteil für Wanser/Winkel. Das neu formierte Team schaffte als WM-Neunte die Tokio-Norm.
Lanzarote International Regatta
Nach dem Ausfall der Princess Sofia Trophy und der Hyeres Regatta avancierte der Wintertrainingsstandort Lanzarote mit der Internationale Regatta für die 49er, 49erFX und Nacra 17 auch noch im März zum Top-Spot für einen wichtigen Leistungsvergleich. Bei den Nacras fehlten unter den 21 Teams zwar die Top-Crews der vergangenen Olympischen Spiele, aber viele aufstrebende Mannschaften für Tokio waren dabei. Die Kieler Paul Kohlhoff/Alica Stuhlemmer bestimmten über die gesamte Serie von 16 Wettfahrten das Geschehen mit und mussten sich schließlich nur Tara Pacheco und ihrem apnisch-deutschen Vorschoter Florian Trittel geschlagen geben.
Bei den 49erFX brauchten die Europameisterinnen von 2020, Tina Lutz/Susann Beucke, etwas, um in Fahrt zu kommen. Dann aber schafften sie in einem absoluten Weltklassefeld mit allen Medaillenanwärterinnen für die Medaillen in Tokio doch nach das Medal Race und wurden schließlich Siebte.