Dramatische Route du Rhum

Francis Joyon feierte den Sieg und eine neue Rekordzeit bei der Route du Rhum. Foto: Yvann Zedda

Der Transatlantik-Regatta von St. Malo/Frankreich nach Guadeloupe/Karibik hat sich als die härteste Herausforderung für die Solo-Segler in diesem Jahr erwiesen. Die elfte Auflage der Route du Rhum forderte großen Tribut.

Schon in der stürmischen Biskaya mussten zahlreiche Skipper nach Bruch und Kenterung aufgeben. Und auch vor Guadeloupe wurde es spannend. Ein Ticker der Ereignisse.

4. November: Geglückter Start der Route du Rhum in das 3542 Seemeilen lange Rennen. 123 Teilnehmer in sechs Klassen gehen an den Start – darunter auch die beiden Hamburger Boris Herrmann mit seiner „Malizia“ (Imoca 60) und Arnt Bruhns mit der „Iskareen“ (Class 40).

Zum Start in St. Malo herrschten noch beste Bedingungen. Foto: Alexis Courcoux

5. November: Noch bevor das Feld den in der Biskya lauernden Sturm erreicht, melden zwei Riesen-Tris der Ultime-Klasse Probleme. Sebastian Josse muss nach dem Bruch am Steuerbord-Schwimmer der „Maxi Edmond de Rothschild“ einen Hafen anlaufen, die „Banque Populaire“ mit Armel Le Cleac’h ist nach einem kurzen Stopp wegen technischer Probleme wieder auf Kurs.

6. November: Der Sturm schlägt brutal zu und dezimiert das Starterfeld drastisch: Die Deutsch-Französin Isabelle Joschke verliert den Mast ihrer Imoca 60 „Monin“ und muss ebenso einen Hafen anlaufen wie Sam Goodchild mit der Class 40 „Nacros Mexico“ (Foto: Sam Goodchild), der ebenfalls nach Mastbruch mit Notrigg unterwegs ist. Auch der Riesen-Tri „Sodebo Ultim“ hält den Bedingungen nicht stand. Skipper Thomas Coville muss das Rennen aufgeben.

Mit einem Notrigg lief Sam Goodchild einen Hafen an. Foto: Sam Goodchild

6. November: Dramatik nördlich der Azoren: Der Riesen-Tri „Banque Populaire“ hat sich bei 30 Knoten Wind und fünf Meter hohen Wellen nach dem Bruch des Backbord-Schwimmers überschlagen. Skipper Armel Le Cleac’h konnte für sich jedoch Entwarnung geben. Er wartete nach Einleitung der Rettungsaktion auf das Abbergen.

7. November: Verheerende Bilanz nach nur drei Tagen. Über ein Drittel der Flotte hat einen Nothafen aufgesucht oder das Rennen ganz abgebrochen. Die beiden deutschen Starter vermelden zwar harte Bedingungen, haben aber sich und das Boot im Griff und halten sich gut im Feld. Boris Herrmann ist in der Spitzengruppe der Imoca 60, Arnt Bruhns im Mittelfeld der verbliebenen Class 40.

9. November: Aufsehenerregende Meldung von der „Malizia“: Boris Herrmann hat im Gegensatz zur weiteren Spitzengruppe der Imoca 60 eine nördliche Route gewählt und liegt plötzlich virtuell an der Spitze des Feldes.

11. November: Die Nordroute hat sich nicht ausgezahlt. Wie er selbst einkalkuliert hat, bleibt Boris Herrmann nördlich der Passatzone im Schwachwind hängen, während das Spitzenquartett bereits auf Kurs Ost geht und durchrauscht. Doch der Hamburger hält Platz fünf in seiner Klasse. Währenddessen nähern sich die verbliebenen Ultime-Trimarane bereits dem Ziel. Klar an der Spitze ist die „Macif“ mit Poster-Boy Francois Gabart am Ruder. Die Class 40 haben das erste Drittel des Rennens geschafft und die Stürme hinter sich gelassen. Arnt Bruhns rückt auf Platz 20 vor.

12. November: Krimi in der Karibik: Nach zwischenzeitlich über 100 Meilen Vorsprung schmilzt der Vorsprung von Francois Gabart auf seinen Landsmann Francis Joyon zusammen wie Eis in der Karibik. Die „Idec Sport“ von Joyon ist in der flauen Brise rund um die Ziel-Insel deutlich wendiger als die „Macif“. In der Dunkelheit gelingt Joyon schließlich der große Coup: Der 62-Jährige zieht vorbei und beendet das Rennen nach 7 Tagen, 14 Stunden, 21 Minuten und 47 Sekunden als Sieger und in neuer Rekordzeit. 7 Minuten und 8 Sekunden später kommt der 35-jährige Gabart an – wie sich jetzt zeigt mit einem arg lädierten Tri: Die Hydraulik hatte Probleme gemacht, das Steuerbord-Foil war abgebrochen und ein Teil des Backbordruders verloren gegangen.

Auf den letzten Meilen zog Francis Joyon an seinem Landsmann Francois Gabart vorbei. Foto: Alexis Courcoux

13. November: Boris Herrmann vermeldet Probleme: Im Passatwind läuft er unter Spinnaker aus dem Ruder, muss vorsichtig wieder auf Kurs kommen, um keine Patenthalse hinzulegen. Der Spinnaker wickelt sich um das Vorstag. Mit geschicktem Agieren gelingt es ihm, den Spi mit Hilfe des Windes wieder zu befreien und das Tuch einzupacken.

14. November: Nächster Schreckmoment bei der Route du Rhum: Der Tri „Akrema“ kentert mitten im Atlantik, 1000 Seemeilen vor Guadeloupe. Skipper Lalou Roucayrol bleibt aber unverletzt. Auf dem Mittelrumpf sitzend lehnt er die Rettung durch ein Frachtschiff ab. Er will stattdessen darauf warten, dass sein Tri in Schlepp genommen werden kann. Das könnte drei bis vier Tage dauern. Derweil ist die Spitze der Imoca60 bereits in Nähe des Ziels. Klarer Führender: der Brite Alex Thomson auf seiner „Hugo Boss“.

16. November: Der ewige Zweite Alex Thomson steht vor dem größten Erfolg seiner Karriere – und verschläft den entscheidenden Moment. Bei der Umrundung von Guadeloupe versagt der Wecker seiner Armbanduhr. Thomson läuft mit seiner „Hugo Boss“ auf eine Klippe auf, erleidet schwere Schäden an Rumpf, Foil und Ruder. Die Crash-Box im Bug verhindert, dass der Rumpf voll Wasser läuft. Unter Einsatz des Motors kann sich Thomson selbst befreien. Er erreicht das Ziel nach 11 Tagen, 23 Stunden, 10 Minuten und 58 Sekunden deutlich vor der Konkurrenz, bekommt aber sogleich Besuch von der Jury und erhält wegen des Motoren-Einsatzes eine Zeitstrafe von 24 Stunden.

Alex Thomson stand nach der Ankunft der Presse Rede und Antwort. Foto: Alexis Courcoux

17. November: Rund zwölf Stunden nach Thomson erreicht der Franzose Paul Meilhat mit der „SMA“ das Ziel und darf über den Sieg jubeln. Die Zeitstrafe für die „Hugo Boss“ hievt den Franzosen auf Platz eins. Auch der Dritte im Ziel, Yann Elies auf der „Ucar – St. Michel“, kann noch an Thomson vorbeiziehen. Boris Herrmann erreicht als Fünfter nach 13 Tagen, 3 Stunden, 47 Minuten und 30 Sekunden das Ziel – das beste Resultat eines Deutschen bei diesem Hochsee-Klassiker. Arnt Bruhns hat auf seiner Class 40 noch rund die Hälfte der Strecke vor sich.

Boris Herrmann bei der Zielankunft in Guadelope. Foto: Boris Herrmann Racing

22. November: Pierre Antoine gewinnt auf seinem Holztrimaran „Olmix“ die Klasse der Multihull-Amateure. Der Franzose hatte sich zwischenzeitlich auch als Retter betätigt. Mitten im Atlantik hat er Lalou Roucayrol von der gekenterten „Arkema“ abgeborgen und war mit ihm zwei Tage gesegelt, bevor er ihn wieder auf dem Schlepper absetzte, der die „Arkema“ sichern sollte. Auch die erste Class 40 ist im Ziel: Yoann Richomme (Frankreich) gewinnt die Klasse mit der „Veedol-AIC“.

26. November: Nach drei Wochen auf See erreicht Arnt Bruhns bei seiner ersten Solo-Regatta das Ziel als starker 17. in der Gruppe der Class 40 und landet damit im ersten Drittel. Im Ziel gibt es zwar eine Zeitstrafe von einer Stunde, weil ein Siegel an einem Dieselkanister gebrochen war. Aber das tut der großartigen Stimmung keinen Abbruch. Der Hamburger wird im Ziel von seiner Frau und seinem Bruder in Empfang genommen.

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