OTG: Erster Stepp zum Mini-Transat

Heute startet die Plastimo Lorient: Für OTG-Mini-Skipper Morten Bogacki (links) ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Mini-Transat im Herbst. OTG-Imoca-Skipper Robert Stanjek unterstützt seinen Teamkollegen bei der Atlantik-Regatta. Foto: OTG

Allein über den Atlantik – und das in einem 6,5 Meter langen Boot. Das Offshore Team Germany (OTG) hat bereits 2017 bewiesen, dass es diese Herausforderung erfolgreich bewältigen kann. In der 22. Auflage will Morten Bogacki die “Lilienthal” in die Karibik skippern.

Im September 2019 soll der OTG-Mini „Lilienthal“ zum zweiten Mal das Mini-Transatlantikrennen (Mini Transat La Boulangere) über zwei Etappen und insgesamt 4000 Seemeilen bewältigen – diesmal mit Morten Bogacki als Solo-Piloten. Die ersten Vorbereitungsmeilen für 2019 im Regattamodus auf dem Atlantik werden an diesem Wochenende ins Logbuch eingetragen.

Für 46 Minis geht es am Freitag bei der Plastimo Lorient auf den 250 Seemeilen langen Kurs, der die Crews in einem Dreieckskurs von der französischen Hafenstadt zur Südspitze der Bretagne (Penmach) und um die Belle Ile herumführt. Morten Bogacki wird dieses Zweihand-Rennen gemeinsam mit Robert Stanjek segeln. OTG-Skipper Stanjek, der als Team-Captain das Weltrennen „The Ocean Race“ 2021/22 im Fokus hat, wird seinen Teamkollegen Bogacki als Co-Skipper unterstützen, die nächsten Seemeilen auf das Mini-Konto zu packen, um die Voraussetzungen für einen Start beim Mini Transat La Boulangere zu erfüllen.

Ein Mini bietet keinen Platz für Komfort. Segeln, essen, schlafen: Alles findet auf engstem Raum statt. Foto: OTG

Das Mini Transat La Boulangere, das am 22. September gestartet wird, ist das größte Einhand-Transatlantikrennen und der ultimative Test für aufstrebende Hochseesegler. Zum 22. Mal wird der Kurs die Solo-Segler auf ihren 6,50 Meter kleinen Yachten über zwei Etappen von La Rochelle/Frankreich zunächst nach Las Palmas de Gran Canaria und dann weiter nach Le Marin in Martinique über den Atlantik führen. Die zweite Etappe startet nach einer mehrwöchigen Pause Anfang November vor Gran Canaria. Über 15 bis 20 Tage führt der Kurs die Segler bis in die Karibik. Das Leben an Bord in diesen zwei bis drei Wochen ist äußerst beengt. Die Navigation, Reparaturen, Zubereitung von Mahlzeiten, kurze Schlafintervalle – nichts ist wirklich komfortabel, aber möglich.

Auf den neuen Mini-Prototypen wie der „Lilienthal“ ist das Leben ein echter Sport. Der Schwenkkiel mit seinen Blöcken und Leinen in der Mitte des 1,40 Meter hohen Cockpits dominiert das Ambiente. Die Daggerboards an den Seiten, dahinter eine schwarze, nasse Kabine von 50 cm Breite lassen wenig Raum, in dem die Skipper ihre kurzen Schlafintervalle finden sollen.

Wer solche Strapazen aushalten möchte, muss wissen, worauf er sich einlässt. Morten Bogacki begann früh mit dem Segelsport: Optimist, 420er, dann der olympische 470er mit diversen Meistertiteln und einer erfolgreichen Zeit in der Nationalmannschaft sowie Einsätze als Steuermann der Bundesliga-Mannschaft des Düsseldorfer YC stehen in seiner Vita.

Im Winter hat Morten Bogacki den Mini in Kiel wieder frisch gemacht. Foto: OTG

Doch der 33-Jährige ist nicht nur ein erfolgreicher Segler, sondern auch ambitioniert im Beruf. 2016 erlangte er seine Approbation als Arzt, ist als Radiologe in der Rendsburger Klinik aktiv. Um Beruf und Segelleidenschaft nebeneinander leben zu können, arbeitet der Düsseldorfer, der inzwischen in Kiel lebt, auf halber Stelle. Sein Arbeitszeitkonto ist gut gefüllt, um in den nächsten Wochen die Vorbereitung für das Ziel Mini-Transat segeln zu können.

Nach der Plastimo folgen weitere Regatten in Frankreich – dann einhand, um sich schon auf den großen Qualifier einzustellen. Noch im Frühjahr will Bogacki die 1000 Seemeilen lange Schleife von La Rochelle/Frankreich nach Irland und zurück segeln. „Um die Voraussetzungen für das Mini-Transat zu erfüllen, brauche ich noch 900 Regattameilen und eben die 1000-Seemeilen-Qualifikation“, erklärt Bogacki. „Wenn alles gut läuft, dann habe ich alles im Frühjahr zusammen. An Himmelfahrt wollte ich wieder nach Deutschland kommen. Aber auch danach gäbe es noch genügend Möglichkeiten, um die geforderten Meilen zu segeln.“ Durch die Teilnahme am Zweihand-Rennen Mini-Fastnet im vergangenen Juni hatte Bogacki die ersten 600 Seemeilen in kleiner Crew in der Hochsee absolviert. Aktuell ist er der einzige Deutsche, der sich für den Start beim Mini-Transat 2019 in die Meldeliste eingetragen hat.

Im Winter hat Bogacki die „Lilienthal“ selbst für den Einsatz im Atlantik frisch gemacht. Da die zunächst beauftragte Werft in Frankreich den Zeitplan nicht einhalten konnte, holte der 33-Jährige den Mini per Trailer nach Kiel und baute ihn hier neu auf. Die Aufnahmen für die Outrigger (die Riggausleger) am Cockpit mussten verstärkt, die Winschen gewartet und die Eletronik auf den neuesten Stand gebracht werden. Vor zwei Wochen fuhr Morten Bogacki das Boot gemeinsam mit OTG-Boatcaptain Adrain Bleninger nach Lorient, um es ins Wasser zu bringen, den Mast zu stellen, Kiel und Ruder zu montieren. Jetzt gilt es, weitere Erfahrungen mit der „Lilienthal“ zu sammeln, die durch ihren breiten Scow-Bug auffällig daher kommt und ehemals auch mit Foils ausgestattet werden sollte. Die Foils wurden dann zwar nicht umgesetzt, da ein sicheres „Fliegen“ mit den kurzen Booten bei langer Welle nur schwer zu realisieren ist. Doch die „Lilienthal“ zeigte dennoch ihr Potenzial, segelte beim vergangenen Mini-Transat auf Platz zwei.

Auf das Fliegen muss die “Lilienthal” zwar bisher verzichten. Aber der Mini ist flott unterwegs. Foto: OTG

Bogacki dämpft vor seiner ersten Atlantiküberquerung allerdings zu hochfliegende Erwartungen: „Meine Priorität ist es, das Boot sicher über den Atlantik zu segeln. Daher werden wir ‘Lilienthal’ auch jetzt nicht mit Foils ausstatten, auch wenn vielleicht ein paar Neuentwicklungen mit Foils kommen“, sagt Bogacki. Zu einer sportlichen Zielformulierung lässt sich der Mini-Transat-Novize dann doch hinreißen: „Auch wenn man noch die Entwicklungen der neuen Boote abwarten muss, hat das Boot sicherlich ein Potenzial, um unter den ersten Sieben ins Ziel zu kommen.“

Doch es gelte, dieses Bootspotenzial auch auf die Bahn zu bringen. Und da ist mehr gefragt, als seglerisches Können. Schlafen und Essen entscheiden darüber, wie groß die Ressourcen auf der Langstrecke sind. „Da brauche ich noch Training, um festzustellen, wie mein idealer Power-Napp-Rhythmus ist. Möglicherweise teste ich das im Schlaflabor. Das Boot über 12 bis 15 Minuten allein segeln zu lassen, ist sicherlich machbar. Aber auch mal 45 Minuten zu schlafen, verlangt schon viel Mut“, sagt Morten Bogacki, der nach dem Mini-Transat noch weitere Pläne mit dem Offshore Team Germany verfolgen möchte. Etappenweise Einsätze beim „The Ocean Race“ 2021/22 wären denkbar. Und auch die neugeschaffene Olympia-Disziplin des Mixed-Offshore-Segelns für Marseille 2024 passt ins Profil von Morten Bogacki und in das des Offshore Team Germany: „Man muss schon sagen, dass das OTG in den vergangenen Jahren Einiges richtig gemacht hat. Und einige Bootsentscheidungen durch World Sailing und die großen Regatten spielen dem Team nun genau in die Karten.“

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